Schnitt im Hirn
Regie   Michael Möller / Marc Wiese
Kamera Ulrich Tyroff
Ton Thomas Aufhauser, Felix Kersting
Schnitt   Josef van Ooyen
Länge   45 Minuten
Format Video
Sendung 26.6.97 ARD
Synopsis
Beobachtungen in einer Spezialklinik für Epilepsie

Sie haben Wolfgang Peters Löcher in den Kopf gebohrt. In seinem Gehirn stecken achtzig winzige Elektroden. Verkabelt und von der Videokamera überwacht, liegt er seit Tagen im Bett und wartet auf einen Anfall. Dabei ist er in die Spezialabteilung für Epilepsie der Universitätsklinik Bonn gekommen, um die Anfälle für immer loszuwerden.

Wolfgang Peters leidet seit dreißig Jahren unter der Krankheit Epilepsie. Drei- bis viermal täglich haut er plötzlich mit der Faust auf den Tisch und verkrampft minutenlang im ganzen Oberkörper. Während des Anfalls lallt er unzusammenhängende Worte und bekommt von der Außenwelt nichts mit. "lch bin jetzt dreiundvierzig. Eines Tages sagst Du Dir, besonders in meinem Alter, jetzt reicht es, jetzt hälst Du das nicht mehr aus", sagt er. Wolfgang Peters besuchte unzählige Arzte und Krankenhäuser, doch helfen konnte ihm bisher niemand. Dann hörte er von Erfolgen des Bonner Klinik - Teams. Uber zwei Jahre mußte er auf einen Platz warten. Er macht einen Untersuchungsmarathon mit, bei dem die Ärzte das Zentrum der Krankheit im Gehirn lokalisieren wollen. Wenn Sie den Herd finden, ist es vielleicht möglich, ihn herauszuoperieren. eine Operation im Gehirn das ist für Wolfgang Peters die letzte Hoffnung.

Sechs Wochen haben wir in Bonn hospitiert. Die Reportage ermöglicht am Beispiel von drei Patienten ungewöhnliche Einblicke in das Krankheitsbild "Epilepsie" und die Präzisionsarbeit des Ärzteteams. Interviews und intensive Beobachtungen vor, während und nach der Operation vermitteln den Druck, die Anspannung und Hoffnung der Patienten, der Ärzte und Forscher.

Pressekritiken TV Movie 13´97
Schnitt im Hirn

Beobachtungen in einer Epilepsie-Spezialklinik - Ungewöhnliche Einblicke in eine Krankheit

MEDIZIN-REPORT 800 000 Menschen leiden in der Bundesrepublik an Epilepsie. Einer von ihnen ist Wolfgang P., den seit dreißig Jahren viermal täglich Anfälle heimsuchen. Nun stecken achtzig Elektroden in seinem Gehirn. Damit versucht man in der Spezialabteilung für Epilepsie der Uniklinik Bonn den Ursachen für das "Gewitter" in seinem Kopf (ausgelöst durch die Entladung von Nervenzellen) auf die Spur zu kommen. Michael Möller und Marc Wiese besuchten ihn, weitere Patienten, Ärzte und Forscher in der durch ihre Heilerfolge bekannten Klinik.

45 Min./bis 23.45 Uhr




Frankfurter Rundschau 30.6.97
"Schnitt im Hirn" (ARD) Ethik kam zu kurz

Wir leben im "Jahrzehnt des Gehirns" . Ausgerufen wurde diese Dekade vor allem von Wissenschaftlern vor dem Hintergrund des enormen Wissenszuwachses über die Vorgänge unter der menschlichen Schädeldecke. Immer besser wird nämlich verstanden, wie das Netzwerk Gehirn funktioniert.

Zugleich leuchten hochmoderne bildgebende Verfahren die entlegensten Winkel der grauen Zellen aus, um den Chirurgen eine Art Landkarte des Kopfes zu präsentieren, auf der sie sich mit dem Skalpell ganz exakt bewegen können. Denn ein auch nur um einen Millimeter abweichender Schnitt kann für den Patienten fatale und nicht wieder gut zu machende Folgen haben.

Dies gilt auch für die Epilepsie, eine Gehirnerkrankung, die sich vor allem in plötzlichen panikartigen Schüttelanfällen äußert. In Bonn, einem der bedeutendsten Epilepsie-Zentren der Welt, haben Michael Möller und Marc Wiese drei Patienten und dem Ärzteteam mehrere Wochen lang auf die Finger geschaut. Dabei haben sie sehr genau die Hoffnungen und Ängste der Patienten beobachtet sowie die Kunst und Anspannung der Ärzte in Szene gesetzt.

An diesen Menschenschicksalen orientiert, hat der Film eine Dichte und Intensität entwickelt, die das zermürbende Warten der Patienten, die schier endlosen Untersuchungen und die harten Belastungen anschaulich werden ließen.

Die ethischen Fragen, die mit dem Herausoperieren eines kleinen Areals des Gehirnes, das für die Epilepsie verantwortlich ist, verbunden sind, kamen jedoch zu kurz. Zu sehr konzentrierten sich die Autoren auf den technischen Vorgang und die Patentiengeschichten. Doch wären durchaus wichtige Fragen zu stellen gewesen: Wie weit darf in das Gehirn eingedrungen werden, und welche Auswirkungen kann die Entfernung von Hirnzellen auf die Persönlichkeit der Betroffenen haben?

Auch hätte dem Film etwas mehr Diskretion gutgetan. Zwar stand der dokumentarische Charakter im Vordergrund, dennoch achtete der Beitrag zuweilen die Intimsphäre der Patienten zu gering, wenn diese als hilflose, von epileptischen Anfällen geschüttelte Wesen abgefilmt wurden.
Die Betroffenen haben zugestimmt, sicher. Aber dies enthebt Journalisten nicht der Verantwortung, selbst Grenzen zu ziehen. MICHAELEMMRICH




Die Welt 27.6.97

FERNSEH - KRITIK
Drastisch - nichts für Zartbesaitete

Schnitt im Hirn (Donnerstag, ARD). Jeder weiß, was ein Epileptiker ist. Manche haben auch davon gehört, daß es jeden einmal treffen kann, früher oder später. Aber es gibt viele Fragen, die offen stehen. Wie wirkt sich Epilepsie zum Beispiel auf das Lebensgefühl der Betroffenen aus? Wie fühlen sich Menschen, die drei bis vier Mal am Tag von einem Anfall geschüttelt und dafür in der Öffentlichkeit meist für geistig behindert gehalten werden? Wie verändern Störungen im Gehirn die Persönlichkeit?

In ihrem Dokumentarfilm über die Bonner Spezial-Klinik für Epilepsie stellten Michael Möller und Marc Wiese die Krankheits- und Genesungsgeschichte von drei Epileptikern in einer einfühlsamen, teilweise aber auch brutal offenen Weise dar. Da sieht man Ärzte, die sehnsüchtig auf den "Riesen-Gau" - größter epileptischer Anfall - eines Patienten warten und lachend Beifall klatschen, während dieser von Zuckungen durchgeschüttelt wird. Oder Gehirnoperationen, die Einblicke in den hintersten Winkel der Denkmasse gewähren. Zwischendurch grübelnde, ratlose Spezialisten auf der Suche nach dem jeweiligen Entstehungsherd der Krankheit. Und zitternde, tapfere Patienten, die unzählige Tests über sich ergehen lassen, bis hin zur Klärung ihres "Falls".

Der Bericht über die geheimnisvolle Krankheit klärt vieles und hinterläßt einen anhaltenden Eindruck - drastisch, nichts für Zartbesaitete.
Britta Saft




Stuttgarter Zeitung 26.6.97

Donnerstag 23.00 ARD

Schnitt im Hirn
In den letzten zwanzig Jahren hat die Gehirnforschung sensationelle Fortschritte gemacht und mit ihr die Fähigkeit der Chirurgie, komplizierteste Krankheiten zu orten und operativ zu beseitigen. Führend auf dem Gebiet der Epilepsiebehandlung, einem wichtigen Komplex der Gehirnmedizin, ist die Universitätsklinik Bonn. Dort werden - geleitet von Chefarzt Christian Elger - die schwierigsten Operationen durchgeführt, Epilepsie-Patienten erfolgreich therapiert, die bislang als unheilbar krank galten.

Die Arbeit des Bonner Ärzteteams, das weltweites Renommee genießt, haben Michael Möller und Marc Wiese für den WDR beobachtet. Sechs Wochen hospitierten die Filmemacher in der Bonner Epilepsie-Abteilung. Schließlich durften sie nicht nur bei diagnostischen Prozessen,Teambesprechungen und Patientengesprächen filmen, sondern auch bei zwei extrem schwierigen Operationen. Das Ergebnis dieser hochinteressanten, jedoch viele Fragen aufwerfenden Filmarbeit, ist heute abend um 23 Uhr unter dem Titel "Schnitt im Hirn" bei der ARD zu besichtigen.
rbh




Frankfurter Rundschau 26.6.97

Epileptiker unter dem Messer
Beobachtungen in einer Bonner Spezialklinik

Von Rainer Brückner-Heinze

"Schnitt im Hirn"—ARD, 23.00 Uhr. In den vergangenen zwanzig Jahren hat die Gehirnforschung sensationelle Fortschritte gemacht und mit ihr die Fähigkeit der Chirurgie, komplizierte Krankheiten operativ zu beseitigen. Führend auf dem Gebiet der Epilepsie-Behandlung, einem wichtigen Feld der Gehirn-Medizin, ist die Universitätsklinik Bonn. Dort werden — geleitet von Chefarzt Christian Elger—die schwierigsten Operationen durchgeführt, Epilepsie-Patienten therapiert, die bislang als unheilbar krank galten.

Die Arbeit des Bonner Ärzteteams, das weltweites Renommee genießt, haben Michael Möller und Marc Wiese für den WDR beobachtet. Sechs Wochen hospitierten die Filmemacher in der Epilepsie-Abteilung. Schließlich durften sie nicht nur bei diagnostischen Prozessen, Teambesprechungen und Patienten-Gesprächen filmen, sondern auch bei zwei Operationen.

Die WDR-Autoren konzentrierten ihre Beobachtung auf drei Patienten: einen jungen Lehrling, einen Lagerarbeiter mittleren Alters und eine Studentin. Kurze Eingangsinterviews umreißen die Krankengeschichte der Epileptiker, sodann verfolgt die Kamera die Behandlung im Bonner Klinikum und die komplexen Diagnose- und Therapiebemühungen. Das ist hochprofessionell und zeigt anschaulich, welch enormes Wissen die Chirurgen beherrschen (müssen) und welche komplizierte Technik mittlerweile der Gehirnchirurgie zuarbeitet. Am Rande werden auch eine Reihe von ethischen Fragen aufgeworfen, aber die treten vor der imponierenden Kulisse dieses Krankenhauses rasch in den Hintergrund.

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