Automat Kalashnikov
Regie   Axel Engstfeld / Herbert Habersack
Kamera Wolfgang Thaler, Hans Jakobi, Bernd Mosblech
Ton Csaba Kulcsar, Robert Wisniewski
Schnitt   Jean-Marc Lesguillons
Länge   95´10
Format 35mm
Uraufführung Dokumentarfilmfestival München 2000
Synopsis
QUICKTIME TRAILER
Automat Kalashnikov erzählt die außergewöhnliche Lebensgeschichte eines Mannes und seiner todbringenden Erfindung.

Michael T. Kalashnikov, geboren im Altai, mit seiner Familie verbannt nach Sibirien, im Krieg verwundet, entwickelt als Autodidakt eine Waffe, die als AK 47 oder "Kalashnikov" das meist verbreitete automatische Sturmgewehr der Welt werden sollte.

Heute lebt der 80 jährige Michael T. Kalashnikow in Ishewsk am Ural, dem langjährigen geheimen Rüstungszentrum der Sowjetunion. Er lebt bescheiden von 70DM Rente im Monat, doch von seiner Waffe sind 70 Millionen Exemplare über den Erdball verteilt.

Einfach zu handhaben, preiswert in der Herstellung und von legendärer Zuverlässigkeit geriet seine Erfindung außer Kontrolle. Konstruiert zum Schutz der Heimat, findet man sie heute in jedem Krisenherd der Welt, vor allem in der dritten Welt.

Der Film zeichnet das Portrait des alten Herrn und stellt seinem Alltag den alltäglichen Einsatz seiner Waffe gegenüber. Der Film verbindet die ehemalige "Perle der sowjetischen Rüstungsindustrie", Ishewsk, mit dem Pandschir-Valley, in Afghanistan, wo Shah Massud seit Jahren erst gegen die Russen und jetzt gegen die Taliban kämpft. Und er zeigt die allgegenwärtige Präsenz der AK 47, die bis in die Strassen von Los Angeles reicht, dort als bevorzugte Waffe der Gangs mit ihrer enormen Durchschlagskraft die Polizei vor ernsthafte Probleme stellt.

AUTOMAT KALASHNIKOV ist die Geschichte eines tragischen Helden, dessen Namen für immer Synonym für Aufruhr, Kampf, Terrorismus und Schrecken sein wird und der lernen mußte, damit zu leben "wie mit einem Granatsplitter im eigenen Körper".

Presse: DDp Nachrichtenagentur
Juni 2000

Dokumentation eines tragischen Helden- "Automat Kalashnikov"
Von der ddp-Korrespondentin Susanne Hofmeister

Köln (ddp-nrw) Sein Name steht für Gewalt, Tod und Krieg, sein Gesicht ist das eines bescheidenen, munteren Opas: Michail Timofejewitsch Kalashnikov. Nur den wenigsten dürfte bekannt sein, daß der heute 80-Jährige noch lebt. Denn im Gegensatz zu dem von ihm entwickelten Sturmgewehr AK 47 – von dem weltweit mehr als 75 Millionen Exemplare verkauft wurden – ist der Waffenkonstrukteur nicht zu Ruhm gelangt. Er lebt in einer Klenstadt am ural von 70 Mark Rente in einer für westeuropäische Verhältnisse ärmlichen Wohnung.

In der 90-minütigen Dokumentation "Automat Kalashnikov", die am Mittwochabend in Köln vorgestellt wurde, porträtieren die Filmemacher Axel Engstfeld und Herbert Habersack das Leben des alten Mannes. Und sie verknüpfen seinen Alltag mit dem Alltag seiner todbringenden erfindung. Schauplätze sind die Waffenschmiede der Sowjetarmee, Kalashnikovs Heimatstadt Ishevsk, Los Angeles sowie Gebirgsregionen in Afghanistan. Man sieht Kalashnikov beim Tee trinken und Fischen, afghanische Taliban-Milizen beim Waffen reinigen und kampfvorbereitungen, und man kann bei Bandenkriegen in LA erschossene Gangmitglieder und Amerikaner beobachten, die in ihrer Freizeit Schießübungen mit Sturmgewehren exerzieren.

Kalashnikov ist vor alem ein tragischer Held: Viele vermuten in ihm ein Monster, Titanen oder Raubein. Er selber sieht sich als Patriot: "Ich habe die Waffe entwickelt, als mein Land in größter Not war, was später daraus gemacht wird, ist nicht meine Schuld", betont er. Im Zweiten Weltkrieg verwundet, tüftelte er im Lazarett an einem einfach zu handhaben und robust gebauten Gewehr. 1947 war "sein Gewehr" fertig konstruiert Im Vietnamkrieg kam er erstmals als Massenware zum Einsatz: Amerikaner und Vietnamesen schossen mit der gleichen Waffe aufeinander. Er habe gelernt, damit umzugehen, daß es in seinem Leben etwas gibt, daß mit einem eingedrungenen Granatsplitter zu vergleichen ist und mit dem man sich arangieren muß, bekennt Kalashnikov im Film.

Erst 1996 wurde die Waffe patentiert. Daß dies vorher versäumt wurde, ist für Kalashnikov ein großer wunder Punkt. Warum, ist in seinem Fall jedoch nur mit der typisch russischen Seele zu erklären: "Wenn ich nur 50 Kopeken für jedes Gewehr bekommen häte, könnte ich jetzt eure Gehälter zahlen", sagt der waffenkonstrukteur vor Offizieren. Die warten schon seit Monaten auf ausstehenden Lohn. Auch kalashnikov bekam 3 Monate keine Rente. Dafür aber zahlreiche Orden, Titel und Medaillen. Und der Sohn eines Bauern brachte es ohne Hochschulabschluß zum general.

Vier Jahre lang arbeiteten Engstfeld und Habersack an dem Film. Lange Zeit sei die Fianzierung des 1,1 Millionen Mark teuren Dokumentarfilmes unklar gewesen, berichtet Engstfeld, der auch Produzent ist. Schließlich hätten sich die Filmstiftung NRW, der Westdeutsche Rundfunk sowie ARTE an dem Projekt beteiligt.

Der Kontakt zum schwerhörigen Kalashnikov entstand über ein Hörgerät, verrät Habersack. "Der Mann hat mindestens drei bis vier Millionen Schuß ohne Hörschutz ertragen müssen, kein Wunder, daß er schwerhörig ist.", sagt der Wiener. Seine Sturheit sei das Beeindruckendste an Kalashnikov, finden beide Filmemacher. Der 80-Jährige sei ein Mensch, "der erstaunlich viel reflektiert und kein Rädchen im sowjetischen Parteiaparat war".

Der Film wird zunächst auf Filmfestivals in München, Melbourne, Amsterdam und Leipzig gezeigt. Beide Künstler hoffen, daß "Automat Kalashnikov" in den deutschen Kinos laufen wird. "Seit sieben Jahren gab es keinen Dokumentarfilm in deutschen Kinos, wir betreiben so etwas wie trotzigen Artenschutz", frotzelt Engstfeld. Im Film äußert sich Kalashnikov in anderem Zusammenhang ähnlich: Angesprochen auf seine anhaltenden Tüfteleien mit 80 Jahren, sagt er: "Konstrukteure sind wie Bäume, sie streben im Stehen."


Professional Production 6/00
Und dann noch ein Blick auf ein "männliches" Thema: "Automat Kalashnikov" von Axel Engstfeld und Herbert Habersack. Es ist einfach schade, daß dieser Film in keinster Weise prämiert wurde. In vierjähriger Arbeit ist doch ein Werk entstanden, daß gleichermaßen fasziniert, informiert und unterhält. Und dabei ist hier immer noch die Rede von einem Dokumentarfilm. Die Autoren haben ein spannendes Mosaik aus Interviews mit Herrn Kalaschnikow (doch, den gibt´s), Beobachtungen von amerikanischen Waffennarren (daß es die gibt, ist bekannt), und Bildern von der afghanischen Befreiungsarmee (also Kalaschnikowa im Einsatz gegen ihren "Erfinder") gezeichnet. Dabei ist sowohl eine ungewöhnlich gute Kameraarbeit – von drei verschiedenen Kameraleuten – zu sehen, als auch eine freche und teilweise einfach lustige Montage des Materials. Und obwohl der Film die Geschichte einer Waffe erezählt, verherrlicht er zu ekinem Zeitpunkt Gewlt und/oder Waffen. Gezeigt wird der groteskte Umgang mit eben jener Kalaschnikow auf der einen Seite und das fast naive Erzählen des Erfinders, der philosophiert und sich irgendwie immer noch wundert, daß er etwas erfunden har, womit weltweit viele Menschen getötet werden auf der anderen seite. Der Film dauert 95 Minuten, er hätte auch gut noch einmal so lang sein können, er wäre mit Sicherheit immer noch spannend gewesen.


Kölner Stadtanzeiger 10/01
Abgründige Erfolgsgeschichte

Hass und Gewalt haben ihren Ursprung in der menschlichen Seele. Doch zum Töten braucht es auch Waffen. Allein vom berühmt-berüchtigten Schnellfeuer-Gewehr Kalashnikow sind weit über 70 Millionen Exemplare im Umlauf. Wie viel Pazifismus bedarf es, um diese permanente Bedrohung auszuschalten? Diese Frage kann niemand beantworten, aber sie muss gestellt werden, um dem globalen Frieden wenigstens ein Stück näher zu kommen.: Give Peace a Chance!
Leider ist die Welt von diesem utopischen Zustand noch Lichtjahre Entfernt. Es sind vor allem Männer, die vom Waffenwahn nicht lassen können. In „Automat Kalashnikow“ drängen Axel Engstfeld und Helmut Habersack ganz tief in diesen obsessive Potential männlicher Gewaltbereitschaft ein. Vordergründig geht es um die legendäre Erfolgsgeschichte eines russischen Gewehrs. Doch in die eigentliche Schusslinie dieses außergewöhnlichen Dokumentarfilms gerieten Prototypen wie Michail T. Kalashnikow, die – bildlich gesprochen – immer den Finger am Abzug haben. Dieser Film war grell und explosiv.
Rund um den Globus war er Fetischisten des Tötens auf der Spur. Wie selbstverständlich führt diese Recherche auch nach Afghanistan, wo Kalashnikows im Verbund mit aggressiven Glaubenskriegern eine ganze menschliche Gemeinschaft zerstört haben. Soll dort weiter nachgerüstet werden? Der Film von Engstfeld/Habersack legte ganz andere Konsequenzen nahe.

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