Die Armen Reichen Kirchen
Regie   Niko Remus / Gisela Keuerleber
Kamera Jörg Adams / Rüdiger Spott
Ton Geza Demeter / Csaba Kulscar
Schnitt   Stefan Schneider
Länge   45 Minuten
Format Video
Sendung 1998 ARD
Synopsis
Die katholische Kirche kam durch die Diskussion um die Schwangerschaftsberatung in die Schlagzeilen. Davor waren es die angekündigten Sparmaßnahmen im Kindergartenbereich. Dort spart auch die evangelische Kirche:

Die armen reichen Kirchen - ein Film, der die Stellung der beiden großen Kirchen in Deutschland unter die Lupe nimmt: Ihre Kirchensteuereinnahmen, die immer noch satte 16 Milliarden im Jahr betragen und ihre anderen Einkünfte, die nicht immer leicht zu entschlüsseln sind. Wer weiß schon, daß alle Bürger und Bürgerinnen, egal ob sie Kirchenmitglied sind oder nicht, kirchliche Angelegenheiten mitfinanzieren? Bildungswerke, Kirchentage, Gehälter von Bischöfen und Pfarrern, das und vieles andere mehr bezuschussen die Länder aus allgemeinen Steuermitteln. Ist die Stellung der beiden großen Kirchen noch zeitgemäß? Was leisten sie in unserer Gesellschaft und was erwarten die Menschen von ihr?
Ein Beispiel eines rheinischen Pastors aus Köln zeigt neue Wege:
In sozialen Brennpunkten ist er mittendrin.

Pressekritiken Hamburger Abendblatt 10/3/96

Kritisch gesehen
Die Armen Reichen Kirchen (Donnerstag, ARD)
Immerhin: 16 Milliarden nimmt die Kirche im Jahr an steuern ein. Wo bleibt das Geld? Gute Frage, doch nur sehr diffus zu beantworten, wie Gisela Keuerleben und Niko Remus vom WDR lernen mußten. Bei ihren eher rührenden Recherchen- im reichen Erzbistum Köln und in armen protestantischen Gebieten im Osten- gerieten sie rasch in Ermittlungsnotstand. Die Großkirchen halten sich bedeckt, wenn es um unfromme Dinge wie Transparenz von Anlagegeschäften geht. Kein Kirchenfürst fand sich zu einem Statement über die Verwendung von Steuergeldern bereit. So balancierte der Report mit Vermutungs-Bilanzen, zeigte, wie an der Basis, bei Kindergärten und Sozialarbeit, kläglich gespart wird. Ein brisantes, komplexes thema blieb im halbschatten.
Günther Wolf




Luftmaschen
Gisela Keuerleber/Niko Remus: Die armen reichen Kirchen

ARD/WDR Do 26.2. 22:30 bis 23.00 Uhr

Bei fünf Millionen Arbeitslosen und knapper werdenden öffentlichen Ressourcen ist der journalistische Blick auf die kirchlichen Arbeitgeber nur zu verständlich. Immerhin haben die beiden großen Konfessionen im Jahr 16 Milliarden an Kirchensteueraufkommen zu verwalten, die erheblichen Liegenschaften sind dabei gar nicht berücksichtigt.

Das Autorenteam Gisela Keuerleber und Niko Rernus legten gleich eingangs die Samthandschuhe ab und versicherten sich zunächst der Frage anonymer Kirchenkritiker, indem aus dem Off lautete; ,Innerkirchliche Kritiker sagen, das Personal an der katholischen Kirche zelebriert sich selbst, entfernt sich immer mehr von der Lebenswirklichkeit der Gläubigen, versteinert und erstarrt in ihren hierarchischen Strukturen, sucht diese Art von Kirche nur noch ihren Besitzstand zu wahren."

Der populistische Auftakt, garniert mit üppigem und glanzvollem Bildmaterial aus Kirche, Kloster und Museen war so recht nach dem Geschmack des gekränkten Steuerzahlers, der nichteinsehen will und kann, warum zum Beispiel die Erhaltung und Sanierung des Kölner Doms Jahr für Jahr Millionenbeträge kostet. "Allianz zwischen Glaube und Geld", nennt so etwas die katholische Theologin und Kirchenkritikerin Magdalene Bußmann.

Aber dann, und seltsam genug, als hätten die Autoren des kleinen Beitrags noch frühzeitig erkannt, daß ihnen fünfzehn Minuten lang die Gäule durchgebrannt sind, erzählen die beiden "Steuerfahnder Gottes" eine ganz andere Geschichte: sehr unvermutet- nach der Methode deus ex machina- widerlegen sie ihre Thesen.




EKD kritisiert ARD-Sendung "Die armen reichen Kirchen"

Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat die am Donnerstag ausgestrahlte ARD-Sendung über kirchlichen Umgang mit Geld als einseitig und "journalistisch mißlungen" kritisiert. Die Autoren hätten sich nicht "nicht die Mühe gegeben", dem Publikum von der eigenen Ansicht abweichende Meinungen zu präsentiern, erklärte der Präsident des EKD-Kirchenamts, Valentin Schmidt, am Freitag in Hannover.

Das Finanzgebaren der Kirchen sei als "nicht demokratisch kontrollierbar, geheimnisvoll und verschwenderisch" dargestellt worden. Kein evangelischer Experte sei zu Wort gekommen, um Stellung zu nehmen und andere Sichtweisen darzulegen, so der Präsident. Der Beitrag entspreche nicht den Qualitätsmaßstäben, an denen sich ein öffentlich-rechtliches Programm messen lassen müsse und lasse "ein Mindestmaß journalistischer Fairneß" vermissen.
Epd ZA 2/3/98




Tagesspiegel 28/2/97
Klingelbeutel macht reich

Die armen reichen Kirchen, ARD. Über die Eischaltquoten, Thema und Sendezeit betreffend, wage ich gar nicht nachzudenken. Die Programmdirektionen hatten ein echtes Thema, und wahrscheinlich wäre es eins gewesen, aus dem sih sogar eine Foolge hätte basteln lassen, allen Einschaltquoten zum Trotz.

16 Milliarden DM Kirchensteuer für die zwei großen Kirchen in Deutschland jährlich. Aber sie klagen über Geldmangel. Wie verhalte ich mich als Fernsehkonsument dieser propagierten Misere gegenüber? Diese Kirchen nutzen den Staat als Dienstleistung: Dafür, daß er für sie die Steuern einzieht, zahlen sie erhebliche Gebühren. Die zwei Großkirchen sind der zweitgrößte Geldgeber im Land, und wenn nun über Geldnot gejammert wird, so hat dieser Film geholfen, Prioritäten zu setzen: Den Kirchen wurde ein Bonus gegeben für jegliche Art von caritativen Aktivitäten. Relativ schlecht weg kamen kulturelle Belange. Man hätte härter nachfragen können. Evangelische Forderung: "Mehr Nähe zur Basis!" Katholische Endaussage: "Gespart wird immer nur unten." Schlußaussage des Generalvikars von Köln:"Reichtum ist eine Frage des Vermögens." Ach ja?
Eckart Kroneberg




Sächsische Zeitung
28.02.98
Wie reich sind die deutschen Volkskirchen?
Kritischer ARD-Report zur Situation der Seelsorge
Von Ulrich Nieritz

"Geh hin und verkaufe dein Hab und Gut!" So lautet die Botschaft der Bibel. Handeln die beiden deutschen Volkskirchen nach diesem Gebot? Wie arm oder reich sind sie wirklich?

Am Anfang ihrer mit unbequemen Fragen aufwartenden Reportage"Die armen reichen Kirchen" ließen die Dokumentaristen Gisela Keuerleber und Niko Remus die Glocken läuten. Doch so viele Gläubige wie dereinst rufen dieselben längst nicht mehr zur Sonntagspredigt herbei. Enttäuscht, daß die Nöte der Menschen immer mehr Beachtung finden und die Kirchenobrigkeit zunehmend mit der Wahrung ihres Besitzstandes beschäftigt zu sein scheint, wenden sich viele Menschen von der Kirche ab; die Kirchenaustritte nehmen zu. Dennoch sei, so der Filmkommentar, die deutsche Christenheit noch immer " steinreich" .
Allein 16 Milliarden Mark nehmen die evangelische und die katholische Kirche aus Kirchensteuern ein. Dazu Einkünfte aus Erbschaften, Stiftungen, Schenkungen und Immobiliengeschäften sowie geschätzte 12 Milliarden Mark aus staatlichen Zuwendungen aller Art.

Wofür wird das Geld ausgegeben? Die Kritiker, die zu Wort kamen, verwiesen darauf, daß viel Geld vertan wird: für fragwürdige Repräsentationszwecke, unzeitgemäße Investitionen und Prunkentfaltung. Nach wie vor floriere das Unternehmen Kirche ( Geschäfte mit fest verzinslichen Wertpapieren, Immobilien, Aktien): nach wie vor werde die Allianz von Kirche und Kapital praktiziert. Das Beispiel des Erzbistums Köln, des reichsten Deutschlands, vermittelte einige verschämt-verschleierte Aufschlüsse. Wo aber werden die notwendigen Einsparungen vorgenommen? Genau dort, wo das Geld am dringendsten gebraucht wird: an der Basis. Hier erfolgen Entlassungen von Mitarbeitern, Reduzierung der Finanzmittel für die Jugendarbeit und die Unternehmer und die Unterstützung der Arbeitslosen.
Ein alternatives Modell zu diesem Trend stellte Pastor Franz Meurer aus der katholischen Gemeinde St. Elisabeth in Kölnhöhenberg vor. Dem "Abzocken der Kleinen" stellte er mit seiner Kleider-Spendenaktion und seiner Gemeindewerkstatt das Prinzip der "aufsuchenden Gastfreundschaft" entgegen, mit dem Ziel, die konkrete Not der Menschen zu lindern. Da wirkte Kirche plötzlich reich.

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