Pressekritiken |
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Kung Fu oder Wehrsportgruppe?
"Unter deutschen Dächern: Die Schwarzen Sheriffs", von Axel Engstfeld (ARD /RB, 22.12.)
epd
Carl Wiedmeier kennt sich aus mit den Journalisten. Die machen "good news" zu "bad news", denn nur "bad news" sind dem Journalisten werte news, jaja. Was Wiedmeiers Zivilen Sicherheitsdienst (ZSD) selbst betrifft, so braucht es keine spektakulären Ereignisse, ist es gleich, ob guter oder schlechter Wille dahintersteht: es werden immer "bad news" sein. Das liegt nicht an den Journalisten, sondern an der Selbstdarstellung des ZSD in Bild und Ton, die man - wie Axel Engstfeld es nach traditioneller Art tat - nur entsprechend schneiden und zusammensetzen muß, um eine spannende und dichte Dokumentation zu erreichen. Sein i-Tüpfelchen war allerdings die Musik, die hier in ihrer Überzeichnung dem Sujet durchaus angemessen schien.
Allein die martialische Aufmachung der "Schwarzen Sheriffs" - von der Uniform bis zu den Autos (mit Sheriffstern!) ist alles düster schwarz - lehrt einen, weil's ernst gemeint ist, das Gruseln, und das nicht nur die, die "gegen Sicherheit und Ordnung" und damit letztendlich auch "gegen das Privateigentum" in diesem unserem Staat sind oder - wie Chef Wiedmeier auch weiß - "aus Neid über die Waffen der "Schwarzen Sheriffs reden", denn: "Jeder normal empfindende Mann möchte ja gern eine Waffe haben" (auf die Frauen in diesem Männerbund gingen dabei weder Kung Fu-Carl noch Filmer Engstfeld ein) - und so eine Uniform wohl auch. Denn die ist es, die - neben der Einbildung, Respektpersonen zu sein und im Licht der Öffentlichkeit stehen zu dürfen - meist ehemalige Bundeswehrler und Polizisten zum ZSD zieht.
Während die Kamera (Bernd Mosblech und Achim Schäfer) die einzelnen "Sheriffs" abtastete, kam hinter deren starker Aufmachung durch die Körpersprache so manch schwaches Jüngelchen zum Vorschein. Die Hände verschränkt auf dem Rücken, die Daumen am satten Beckengürtel eingehakt, die Fäuste geballt, die wippenden Füße, die signalisieren, daß sie immer auf dem Sprung sind..., der rausgeschobene Brustkorb und zwischen dem immer kurz geschorenen Haupthaar und dem häufigen Schnauzer ein kleines Gesichtchen. Ja, bei diesen stummen Betrachtungen konnte ich mir gut vorstellen, daß die Jungs dem Räuber-und Gendarm-Spielen nicht entwachsen, damit autoritätsfixiert manipulierbar sind und mit dem Waffenarsenal oder auch mit den trainierten Fäusten ihre Verklemmungen explosiv entladen können und sollen - zum Schaden des Gemeinwohls. Engstfeld ergänzte im "Off" mit objektiven Daten, die - Auswahl muß wohl sein - Anlaß zu weiteren, unbeantworteten Fragen gaben: Was machen diese Möchtegern-Sheriffs zum Beispiel in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie?! Doch sonst brauchten die Zuschauer nur Augen und Ohren aufzusperren, um zu begreifen, worum es bei diesem - laut Programmansage! - "Markenartikel" in Sachen "erfolgreicher Schutztruppe" geht. Der stolzgeschwellte "Leader" in seinem "cleanen" Waffenbunker und als "Manager" hinter seinem dicken Schreibtisch mit Strauß-Konterfei, das gezielte Aggressionstraining unter dem Deckmantel des Sports, die Arbeitseinsätze, bei denen ein alter Stadtstreicher aus dem U-Bahn-Klo und ein Punkmädchen ins Einzelverhör genommen werden...
Der nachhaltige Eindruck aus dieser Reportage, daß es sich hierbei um eine aus Steuergeldern finanzierte "Wehrsportgruppe" à la Hoffmann handelt, machte die politische Dimension solch eines privaten Sicherheitsdienstes spürbar. Der Autor tippte da leider nur - aus berechtigter Zurückhaltung? - einige Sachverhalte an, die vertiefter Aufdeckung bedürften: Es scheint zwischen dem Verantwortlichen der einzigen öffentlichen Kontrollstelle (dem Kreisverwaltungsreferat der Stadt München) über den ZSD und dem Chef des ZSD personelle Verflechtungen zu geben; oppositionelle Anfragen zum Thema ZSD werden abgewürgt; Leute, die sich kritisch mit durchaus kritischen Vorkommnissen bei den "Schwarzen Sheriffs" befassen, werden mundtot gemacht. Insofern bedurfte der auf breite psychologische Wirkung angelegte Film über den ZSD sicher auch eines Stücks journalistischen Muts. Rosemarie Bölts |